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Klug Kunden gewinnen
Geschrieben am Donnerstag, 29. Dezember 2011 von 77



Implementierung eines systematischen Empfehlungsmarketings bei der Volksbank Mittelhessen
Empfehlungsmarketing ist eine effektive und kostengünstige Möglichkeit, um neue Kunden zu gewinnen. Obwohl jede Bank an neuen Kunden interessiert ist, wird dieser Weg dennoch von vielen Instituten immer noch eher zögerlich beschritten.

Von Jens Gelitzer und Dieter Kiwus, Quelle BI 10/2011

Jeder Erwachsene hat in der Regel 200 bis 500 Kontakte – zu Familienmitgliedern, Bekannten, Freunden und Geschäftspartnern. Jeder dieser Bekannten könnte ein potenzielles Interesse daran haben, einen Berater weiterzuempfehlen, wenn man ihm dafür gebührend Aufmerksamkeit schenkt oder darum bittet. Rein theoretisch stehen also auch einem kleineren Kreditinstitut über das eigene und die Netzwerke seiner Kunden viele tausend potenzieller neuer Kontakte zur Verfügung. Doch dieses große Potenzial wird meist wenig genutzt.
Dies liegt vor allem daran, dass ...
• die meisten Vertriebsverantwortlichen meinen, ein zufriedener Kunde werde die Berater schon von allein weiterempfehlen.
• kaum eine Bank wirklich geeignete Empfehlungstechniken systematisch trainieren lässt.
• aktives Empfehlungsmarketing für viele Berater in Banken eine Überwindung bedeutet oder sie sich gar davor fürchten, direkt nach Empfehlungen zu fragen.
Auf diese Weise regiert beim Thema Empfehlungsmarketing oftmals nur der Zufall. Daher entgehen vielen Kreditinstituten viele Vertriebschancen mit neuen empfohlenen Kunden. Dabei schätzen Menschen gerade heute Empfehlungen mehr denn je. Denn das Angebot an (vergleichbaren) Produkten und Dienstleistungen wird täglich größer und ist fast unüberschaubar.
Die Volksbank Mittelhessen hat im Jahr 2010 begonnen, spezielle Empfehlungstrainings für Vertriebsmitarbeiter durchzuführen. Für diese Maßnahme wurde eine spezielle (intensive) Trainingslogik entwickelt: zwei Tage Basistraining plus eine Stunde telefonisches Coaching plus ein Tag Vertiefungstraining. Diese Vorgehensweise hat sich bewährt, das Training hatte nachhaltige Wirkung.
Drei Themen standen bei der Qualifizierung im Fokus:
• Die vom Kunden erlebte Qualität der Beratungsleistung.
• Die innere Einstellung der Berater zum Thema Empfehlungen.
• Eine Empfehlungssystematik, die schnelle Erfolge sicher stellt.

Die erlebte Beratungsqualität
Zu Beginn des Basistrainings wurde den Teilnehmern schnell klar, dass die Basis für Empfehlungen die Qualität der Beratung ist. Um tatsächlich aus Sicht des Kunden überragende Leistungen zu erbringen, die dann auch gern weiterempfohlen werden, muss sich ein Unternehmen (oder Berater) zuerst über seine vorhanden Stärken (und Schwächen) im Klaren sein. Stärken zeichnen sich dadurch aus, dass man als Unternehmen (oder Person) bestimmte Dinge besonders gut und besonders gern tut, die sich in positivem Sinne von denen anderer Anbieter unterscheiden.
Nun gilt es, sich auf wenige Stärken zu konzentrieren und die Leistung so zu gestalten, dass sie einzigartig wird. Für die Volksbank Mittelhessen liegt die Lösung im konsequent gelebten Ansatz der ganzheitlichen Beratung. Mit dieser kundenorientierten und nutzbringenden Dienstleistung ist es möglich, Menschen zu begeistern. Kurzum: Die Berater des Instituts sollen den Kundennutzen der ganzheitlichen Beratung und des genossenschaftlichen Gedankens noch überzeugender gegenüber dem Kunden kommunizieren.
Denn nur wenn der Kunde seinen persönlichen Mehrwert – etwa gegenüber reinen Direktbanken – erkennt, wird er die Volksbank Mittelhessen auch aktiv weiterempfehlen. Durch gezielte Trainingseinheiten zum Thema „Positionierung gegenüber dem Kunden“ mit anschließenden Feedbacks wurde das Profil der Berater in den Kundengesprächen geschärft.
Schon bei Beginn der Kundenbeziehung stellen die Berater der Volksbank Mittelhessen jetzt den Nutzen der ganzheitlichen Beratung mithilfe verständlicher Vergleiche – beispielsweise „Ich bin ihr Finanzarchitekt“ oder „Ich bin ihr Hausarzt für Finanzen“ – deutlicher als früher heraus. Zudem ist es wichtig, die Grundidee und Philosophie des genossenschaftlichen Gedankens als erlebbaren Kundennutzen zu vermitteln. Das Motto hierbei: „Konzeption vor Kondition“. Denn Empfehlungen durch Konditionskämpfe zu erhalten, macht keinen Spaß und ist auf Dauer für die Bank betriebswirtschaftlich auch nicht durchzuhalten.

Klares Selbstverständnis
Der zweite Schlüssel für den Empfehlungserfolg liegt im Selbstverständnis des Mitarbeiters. Denn wer für sich selbst keinen klaren gedanklichen Anspruch auf Empfehlungserfolg definiert hat, wird auch nur wenige Empfehlungen erhalten. Dies gilt vor allem für Finanzdienstleiter. Denn die neue Eisdiele um die Ecke wird eben leichter empfohlen als der tolle Finanzberater einer Bank. Ein klares Selbstverständnis hinsichtlich Empfehlungen in den Köpfen der Vertriebsmitarbeiter ist wichtig.
Ziel war es also, dieses Selbstverständnis der Berater hinsichtlich des Empfehlungserfolgs weiter zu entwickeln. Es darf nicht gut genug sein für den Berater, wenn am Ende des Verkaufsgesprächs ein Abschluss mit dem Kunden gelingt.

Dazu wurden am ersten Nachmittag des Basistrainings die Frage nach dem Selbstverständnis und mentale Erfolgsstrategien ausgiebig mit verschiedenen Übungen thematisiert. Dabei wurde beispielsweise vielen Teilnehmern klar, dass deren Anspruch an sich selbst bisher oft zu bescheiden war. Denn wer sich gedanklich schon damit zufrieden gibt, dass der Kunde nach dem Gespräch „nur“ zufrieden ist, der wird meist vom Kunden auch nicht mehr als nur durchschnittliche Feedbacks erhalten.
Heute haben die Berater der Volksbank Mittelhessen den Anspruch, mit dem Kunden am Ende nicht nur sinnvollen Entscheidungen zu treffen, sondern auch echte Empfehlungen zu erhalten. Dazu gehört eine intensivere Vorbereitung von Kundengesprächen, was zudem die Professionalität des Kundengesprächs deutlich fördert.

Empfehlungssystematik
Wichtig für eine funktionierende Empfehlungssystematik ist, dass entsprechend förderliche Kommunikationselemente auch gelebt werden. Der Experte baut das Thema Empfehlungen eloquent als integrativen Bestandteil eines Beratungsgesprächs ein. Der Kunde muss Empfehlungen als natürlich und selbstverständlich im Verkaufsgespräch erleben.
Im Training wurden daher die effektivste Formulierungen und Zeitpunkte erarbeitet und geübt. Zur Sicherheit konnte jeder Teilnehmer seine ganz persönlichen Formulierungen im Telefoncoaching nochmals feinabstimmen. Als Abrundung erhielten die Berater zusätzlich noch eine Audio-CD mit den wesentlichsten Inhalten des Trainings zum Nachhören. So konnte das Gelernte etwa bei der Fahrt in die Geschäftsstelle immer wieder vertieft werden.
Heute wird bei der Volksbank Mittelhessen gleich zu Beginn des Gesprächs dem Kunden gesagt, dass am Ende ein Feedback des Kunden erwartet wird und dass es klares Ziel ist, empfehlenswert zu sein. Am Ende des Gesprächs kommen die Berater darauf zurück.
Ist der Kunde mit dem Gespräch zufrieden, fragen die Berater direkt „An wen möchten Sie mich weiterempfehlen?“. Dabei nutzen sie den Flyer „Kunden-werben-Kunden“ der Volksbank als Verstärker. Der Empfehlungsgeber wird dadurch auch zusätzlich motiviert, die Bank weiterzuempfehlen. Zusätzlich ist es auch möglich, Kunden nach einigen Tagen mit deren Erlaubnis nochmals zu kontaktieren, falls ihm nicht auf Anhieb ein Empfehlungskunde einfällt.
So gelang es einem Berater der Volksbank Mittelhessen, in den vergangenen zwölf Monaten rund 100 Empfehlungsadressen zu erhalten. Solche Zahlen wären zuvor nicht vorstellbar gewesen. Natürlich hat nicht jeder Berater so großen Erfolg. Doch alle Berater, die die beschriebenen Trainingsinhalte konsequent umsetzten, verbesserten ihre Empfehlungsquoten spürbar. Im Übrigen wächst auch der Spaß am Job, wenn man regelmäßig neue Kunden auf Empfehlung bekommt.

Autoren:
Jens Gelitzer ist Kundenberater der Volksbank Mittelhessen, E-Mail: jens.gelitzer@vb-mittelhessen.de
Dieter Kiwus ist Verkaufs- und Führungstrainer, E-Mail: dieter.kiwus@dieterkiwus.de
Quelle: BI 10/2011





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