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Den Einkäufer ins Boot holen - statt ausbooten (von Peter Schreiber)


Manche Verkäufer von Investitionsgütern betrachten die Einkäufer als ihre Gegner. Deshalb versuchen sie, diese zu umgehen und auszutricksen. Dies rächt sich meist bitter. Denn in Zeiten schmaler Kassen sitzen die Einkäufer am längeren Hebel.

 

„Der hat von Technik keine Ahnung“. „Den interessiert nur der Preis.“ Solche Aussagen hört man oft von Verkäufern über Einkäufer. Wer so redet, hat den Job der Einkäufer nicht begriffen. Zu ihren Aufgaben zählt es, „preiswert“ einzukaufen. Folglich können sie zu Verkäufern nicht sagen „Dein Produkt ist das beste“, denn dies würde ihre Verhandlungsbasis schwächen.

Den klassischen Einkäufer, der nur Kataloge wälzt, Angebote vergleicht und Aufträge verteilt, gibt es heute in den meisten (Produktions-)Unternehmen nicht mehr. Ihre (Fach-)Einkäufer sind Experten, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung technische Prozesse und Zusammenhänge sehr wohl verstehen. Sie haben zudem ein großes Know-how über (betriebs-)wirtschaftliche Zusammenhänge, denn in der Regel sind sie nicht nur für die Bestellungen zuständig. Sie müssen vielmehr ein gezieltes Beschaffungsmanagement betreiben. In entsprechend viele bereichs-, aber auch firmenübergreifende Projekte sind sie involviert.

Viele Verkäufer schätzen die Bedeutung der Einkäufer falsch ein. Deshalb begehen sie oft folgenden Fehler: Sie konzentrieren sich bei ihrer Akquise auf die Fachabteilungen. Den Verantwortlichen in ihnen senden sie auch ihr Angebot. Bei ihnen fragen sie einige Tage später auch nach, ob dieses „okay“ ist. Dann lautet die Antwort oft: Ja, wenn wir da noch was wegnehmen oder dort noch etwas mit dem Preis runtergehen, kommen wir zusammen. Der Verkäufer reibt sich die Hände und denkt: Den Auftrag habe ich in der Tasche.

Doch eine Woche später liegt der Auftrag noch immer nicht auf seinem Tisch. Statt dessen ruft ein Einkäufer an und sagt: „Ich habe eine Bedarfsmeldung der Fachabteilung xy vorliegen ...“. Sofort widerspricht der Verkäufer: „Das ist keine Bedarfsmeldung, sondern eine Bestellung.“ Und schon hat er einen Konflikt mit dem Einkäufer, denn der Hinweis, dies sei eine Bestellung, stellt dessen Kompetenz in Frage. Schließlich betrachtet der Einkäufer es als sein (alleiniges) Recht, Bestellungen vorzunehmen.

Beim Einkäufer Wertbewusstsein schaffen.

Um solche Pannen zu vermeiden, sollten Verkäufer den Einkäufer möglichst früh ins Boot holen – aus fachlich rationalen und aus persönlich emotionalen Gründen. Fachlich rational ist das Einbeziehen des Einkäufers wichtig, weil dieser zwar preiswert aber nicht billig einkaufen möchte. Um preiswert einkaufen zu können, muss er den Wert der Leistung kennen. Ein Beispiel: Ein Unternehmen benötigt für seine Fertigungsanlage Dichtungen. Angeboten werden ihm auch Dichtungen, deren Lebensdauer zwanzig Prozent höher ist als die der anderen. Die Dichtungen kosten aber drei Mal so viel. Trotzdem bevorzugt der Produktionsleiter die teuren Dichtungen, weil das Auswechseln der Dichtungen viel Zeit erfordert. Diesen Zusammenhang gilt es dem Einkäufer zu vermitteln, sonst fragt er sich: Warum sollen wir für eine Dichtung, deren Lebensdauer nur 20 Prozent höher ist, den dreifachen Preis bezahlen? Anders ist dies, wenn er einmal sah, wie die Fertigung still stand, weil Dichtungen ausgewechselt werden mussten. Dann kann er den Wert der Dichtungen einschätzen. Also relativiert sich für ihn der höhere Preis.

Dieses Wertbewusstsein vermittelt dem Einkäufer auch Sicherheit. Schließlich muss er seine Kaufentscheidungen rechtfertigen. Deshalb präferiert er, wenn ihm mehrere Angebote vorliegen, zunächst das billigste, sofern ihm nicht ausreichend Argumente geboten werden, um seine Entscheidung für die teurere Lösung zu begründen. Diese Argumente sind nicht nur rein fachlicher Natur. Auch Faktoren wie „Erfahrung mit dem Verkäufer/Anbieter“ und „Sympathie für ihn“ spielen eine Rolle. Auch deshalb sollten Verkäufer so früh wie möglich, eine persönliche Beziehung zum Einkäufer aufbauen.

Wie harmonieren Einkauf und Fachabteilung?

Hierfür gilt es zunächst zu ermitteln: Wie ist die Beziehung zwischen dem Einkauf und der Fachabteilung? Dies können Verkäufer, indem sie ihre Kontaktperson in der Fachabteilung zum Beispiel fragen: „Wenn bei Ihnen so etwas beschafft wird, wer ist dann in diesen Prozess involviert? Hierauf kann die Kontaktperson die unterschiedlichsten Antworten geben. Zum Beispiel „Weiß ich nicht.“ Oder: „Das machen wir alleine.“ Oder: „Ich glaube, der Herr Mayer.“ Wichtig ist, dass der Verkäufer nicht nur darauf achtet, was die Kontaktperson sagt, sondern auch wie sie es sagt.

Erfährt der Verkäufer, dass „der Mayer“ für den Einkauf zuständig ist, könnte seine nächste Frage lauten: „Kann ich bei Herrn Mayer mal vorbeischauen und mich ihm vorstellen?“ Auch hier kann der Partner die unterschiedlichsten Antworten geben. Zum Beispiel: „Okay, ich rufe beim Mayer an.“ Oder: „Das machen wir beim nächsten Mal.“ Auch hier gilt: Wichtig ist nicht nur, was der Partner sagt, sondern auch wie er es sagt. Hieraus kann der Verkäufer ableiten, welches taktische Verhalten angesagt ist.

Dem Einkäufer vermitteln: Ich nehme dich ernst.

Trifft der Verkäufer den Einkäufer, sollte er ihn keinesfalls nur mit technischen Daten und Detailinfos überhäufen. Nun lautet seine vordringliche Aufgabe, dem Einkäufer zu vermitteln: Ich nehme dich ernst und weiß, dass du eine zentrale Rolle beim Optimieren der Beschaffungsprozesse und Erhöhen der Rentabilität spielst. Dabei kann ich dich unterstützen.

Um dies zu erreichen, muss er im Vorfeld für sich Gesprächsthemen erarbeiten, die für den Einkäufer von Interesse sind. Solche Themen können sein:

  • Welche Anforderungen stellen Sie grundsätzlich an Ihre Lieferanten?
  • Welche Kriterien – außer attraktive Konditionen – fließen in Ihre Kaufentscheidung ein?
  • Erfolgen die Bestellungen bei Ihnen über bestimmte „Files“? Zum Beispiel Electronic Data Interchange (E-DI)?

Neben solchen Fragen, die darauf abzielen, die Zusammenarbeit effektiv zu gestalten, sollte der Verkäufer dem Einkäufer aber auch Fragen stellen wie:

  • In welche Projekte sind Sie eingebunden?
  • Welche Kostensenkungsprogramme laufen zurzeit in Ihrem Unternehmen?
  • In welchen Bereichen denken Sie über ein Outsourcing nach?

Solche Fragen ermöglichen es dem Einkäufer, sich zu profilieren. Zugleich gewinnt der Verkäufer durch die Antworten Infos darüber, wohin die Reise im Unternehmen geht.

Indem der Verkäufer mit dem Einkäufer solche Inhalte erörtert, zeigt er ihm: Ich nehme dich ernst. Erweist er sich dann noch im Alltag als kompetenter und zuverlässiger Partner, wächst allmählich eine Beziehung zwischen ihnen. Dies ist wichtig, weil in die Kaufentscheidung des Einkäufers, wenn ihm mehrere ähnliche Angebote vorliegen, stets auch der Faktor „Sympathie“ einfließt.

Ziel: Um „letztes Angebot“ gebeten werden

Dieses Bevorzugen zeigt sich zum Beispiel darin, dass der Einkäufer, wenn er für mehrere Angebote die technische Freigabe hat, bei einem Verkäufer nochmals anruft und zu ihm sagt: „Ich habe drei Angebote. Denken Sie mal darüber nach, was Sie beim Preis und bei den Liefer- und Zahlungsbedingungen noch tun können.“ Dies ist ein deutliches Signal: Der Einkäufer möchte mit dem Verkäufer den Abschluss tätigen. Ihm fehlt aber noch etwas „Munition“, um dies intern zu rechtfertigen.

 

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