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Wie Sie Ihre Gewohnheiten ändern können | |
Ich möchte Ihnen zeigen, warum die meisten Versuche, eine Verhaltensweise zu ändern, zum Scheitern verurteilt sind (und wie man es doch schaffen kann). Dabei möchte ich einige Gedanken aus meinen Seminaren mit einer neuen Einsicht verbinden. 1. Reiz-Reaktion Sicher haben Sie von Pawlows Hunden gehört? Der russische Forscher Pawlow trainierte Hunde, indem er jedes Mal, wenn sie Fleisch zu fressen bekamen, eine Glocke läutete. Nach einer Weile löste die Glocke allein sämtliche physiologischen Reaktionen aus - von der Speichel-Bildung im Mund bis zu einer Reihe von Prozessen, die damit einhergehen (so verändert sich z.B. die Zusammensetzung der Magenschleimhaut in Erwartung von Nahrung). Wir alle kennen den Prozess, auch uns läuft ja bekanntlich das „Wasser im Mund" zusammen, wenn wir den schön gedeckten Tisch oder eine gute Fotografie unseres Lieblingsgerichtes sehen. Pawlow nannte die Koppelung von unbedingten Reflexen (z.B. Speichelbildung) mit einem gelernten (bedingten) Reflex (hier die Glocke) KLASSISCHE KONDITIONIERUNG. Sie ergibt sich quasi vollautomatisch, wann immer zwei (oder mehr) Faktoren GLEICHZEITIG auftreten. Aufgrund der neueren Gehirnforschung wissen wir, dass jede Form der Konditionierung zu sog. „bevorzugten Nervenbahnen" führt. Dies bedeutet erstens, dass eine (an-)gelernte Reaktion genauso schnell ablaufen kann wie ein angeborener Reflex, zweitens, dass sie unbewusst (vollautomatisch) abläuft, und drittens, dass sie deshalb mit dem Bewusstsein nur schwer zu verändern ist. 2. Das Lernplateau In seinem brillanten Büchlein „Der längere Atem" zeigt George Leonard auf, dass jede Verhaltensveränderung per Training erworben werden muss und dass es regelmäßig zu gewissen Lern-Plateaus kommen wird (in denen wir das Gefühl haben, das Training sei nutzlos). Er betont, dass gerade diese Plateaus der Beweis dafür sind, dass Lernen stattfindet, wenn wir jetzt „am Ball" bleiben, wörtlich: „Wir müssen lernen, die Plateaus zu LIEBEN!" 3. Der Reaktions-Stopp Der Erfinder der weltweit praktizierten Alexander-Technik war Schauspieler (Schwerpunkt auf Shakespeare-Lesungen). Da er chronische Probleme mit seiner Stimme hatte und ihm kein Arzt helfen konnte, begann er eine über Jahre gehende systematische Erforschung seines Sprechverhaltens, die später zur sog. Alexander-Technik führte. Er stellte recht bald fest, was er falsch machte, und formulierte VORSÄTZE (für effektives Verhalten), aber er war jahrelang nicht in der Lage, dieses neue Verhalten zu „leben". Dabei durchlief er eine Reihe von Phasen, von denen wir heute profitieren können. Er lernte nämlich: 1. Das alte Verhalten gehorchte dem Reiz-Reaktions-Schema, das heißt: Wenn er Shakespeare rezitieren wollte, dann wirkte sein Wunsch wie Pawlows Glocke, und er reagierte automatisch mit gewissen Verspannungen, die bei seinen allerersten Versuchen (durch den Stress, vor einer Gruppe lesen zu müssen) aufgetaucht waren. Diese Verspannungen wurden bald TEIL der Rezitations-Situation und „wanderten" ins Unbewusste. 2. Jede (An-)Gewohnheit, egal ob gut oder schlecht, löst gewisse Körper-Sensationen in uns aus, die sich „gut" anfühlen (weil sie uns VERTRAUT sind). Deshalb „rutschen" wir immer wieder in sie „hinein", auch wenn wir mit unserem Bewusstsein versuchen, sie zu ändern. Denn: 3. Um NEUES VERHALTEN erstmals zu „leben", müssen wir uns in ein „ungutes" Gefühl hineinbegeben, weil ja das Neue zunächst unvertraut ist und sich demzufolge „falsch" anfühlen wird! 4. Aus diesem Teufelskreis können wir nur entkommen, wenn wir es lernen, zwischen „Glocke" und „Fleisch" ein STOP zu setzen. Dies ist der einzige Weg, dem alten, bekannten, vertrauten und „bequemen" Reiz-Reaktions-Schema zu entkommen. Und das fällt (zunächst) natürlich (sehr) schwer. 5. Je mehr Sie Ihr Ziel erreichen wollen, je mehr Sie sich darauf „konzentrieren", desto verkrampfter werden Sie und desto wahrscheinlicher wird die alte (unbewusste) Reaktion. Denn: je höher das Stressniveau, desto „blinder" und automatischer werden unsere Reaktionen. 5. So testen Sie das Konzept Deshalb möchte ich Ihnen vorschlagen, das Konzept hinter diesen Gedanken zuerst einmal zu testen, indem Sie ein Verhalten verändern, auf das Sie gerne „verzichten" können. Es muss eine „Kleinigkeit" sein, die Ihnen egal ist. Nur so können Sie den Punkt 5 (oben) ausschalten und den Weg der Verhaltensveränderung erfolgreich bewältigen. Sie werden alles hier Beschriebene (insbesondere das Lernplateau und das Gefühl, das neue Verhalten „fühle sich falsch" an) bewusst erleben. Später können Sie diesen Prozess dann auf Verhaltensweisen übertragen, wo es Ihnen wirklich darum geht, mit einer Gewohnheit zu brechen, weil Sie sich bewiesen haben, dass Sie dazu in der Lage sind! Sie sollen also ein spezifisches konditioniertes Verhalten auswählen und systematisch versuchen, ab heute „falsch" zu reagieren. Zum Beispiel könnten Sie lernen, den „falschen" Schuh zuerst anzuziehen oder den „falschen" Arm zuerst in Jacken- und Mantelärmel zu stecken. Wichtig ist, dass es Ihnen eigentlich „egal" ist, damit der Knackpunkt (Punkt 5, oben) bei diesem Experiment ausgeschaltet wird. Damit wird dieser Lernprozess um einiges leichter als ein „echter", bei dem Sie auf das neue Verhalten großen Wert legen. ENTSCHEIDEN Sie also, welches „kleine Detail-Verhalten" Sie für diesen Versuch auswählen wollen. Das „neue Verhalten" TRAINIEREN Sie (z.B. mehrmals täglich für einige Minuten) so lange, bis Ihre neue „falsche" Reaktion genau so spontan und schnell „auftaucht" wie Ihre frühere, alte. Wenn Sie dabei wirklich etwas über sich und Ihre Art zu lernen lernen wollen, dann führen Sie in der Zeit ein Journal (was jede/r Wissenschaftler/in macht) und halten fest: Welche Probleme tauchen auf? Welche Ängste erleben Sie, wenn Sie systematisch ein Verhalten trainieren, was sich ZUNÄCHST „falsch" anfühlt? Welche Faktoren führen zu mehr Fehlern? Zum Beispiel, wenn Sie einem anderen Menschen zeigen wollen, wie gut Sie das neue Verhalten schon „draufhaben" (der sog. Vorzeige-Effekt). Wenn Sie sich auf diese Weise einmal eindeutig bewiesen haben, dass auch Sie eine Gewohnheit verändern können, dann können Sie diesen Prozess später jederzeit durchlaufen, wenn es Ihnen wirklich darum geht, eine spezifische (An-)Gewohnheit zu „knacken", wenn Sie also wieder einmal einen bewussten Schritt in Richtung Verbesserung, Insel-Erweiterung, Lernen und Wachstum gehen wollen. Ich wünsche Ihnen viel Entdeckerfreude und Erfolg. | |
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