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Die Vergissmeinnicht – Strategie

30.05.2007
Die meisten Unternehmen geben viel Geld aus, um Neukunden zu gewinnen. Nur wenige betreiben intensive Kundenpflege. In diversen Untersuchungen wird festgestellt, dass Stammkunden dies erkennen und die mangelnde Kundenbetreuung beklagen. Und wenn derartige Aktivitäten durchgeführt werden, dann erfolgt dies oft nur punktuell  und zufallsbezogen. Die konsequente und systematische Umsetzung einer Kundenbetreuungsstrategie ist heute vielfach nicht gegeben. Dabei liegt im bestehenden Kundenstock das größte Potenzial für zusätzliches Geschäft. Mit der Vergissmeinnicht – Strategie gelingt dies.

Die Idee

Im vergangenen Jahr verbrachte ich mit meiner Familie einige Urlaubstage in einem Hotel im Almtal in Oberösterreich. Die Zimmer waren schön, das Essen ausgezeichnet, der Service perfekt, und wir fühlten uns sehr wohl. Die beeindruckende Landschaft tat ein übriges für unsere positive Erinnerung an diese Tage. Wieder zu Hause holte uns bald der Alltag ein. Umso größer war die Überraschung, als wir zu Weihnachten von diesem Hotel eine Weihnachtskarte erhielten. Auf der Karte stand zusätzlich das Wort „Vergissmeinnicht“; beigelegt war eine Tüte mit dem Samen dieser Blume zum Einsetzen im Garten oder in einem Blumentopf. Dieser Impuls erinnerte uns wieder an die schönen Tage und wir haben sofort einen neuen Aufenthalt gebucht. Wer weiß, ob wir dies auch ohne diese nette Erinnerung gemacht hätten?

„Der Geschäftsabschluss ist lediglich das Ende der Brautwerbung, an die Ehe anschließt. Wie gut die Ehe wird, hängt davon ab, wie sie der Verkäufer gestaltet.“ (Ted Levitt, amerik. Marketingexperte)

So wie in einer privaten Beziehung ist es oft auch im Geschäftsleben. Bis zum Abschluss bemühen sich Verkäufer und Unternehmen besonders um den potenziellen Kunden. Kaum hat der Kunde abgeschlossen, ist es mit dem Bemühen oft schon wieder vorbei. Das Geschäft ist gemacht, abgehakt.

Dabei geht es jetzt darum, beim Kunden positiv in Erinnerung zu bleiben, bzw. sich immer wieder in Erinnerung zu rufen, um das nächste Geschäft vorzubereiten.

„Das Verkaufen beginnt eigentlich erst mit dem Abschluss“

Dies sagte Jo Girard, der legendäre amerikanische Autoverkäufer. Nach dem Abschluss geht es darum, dem Kunden zu beweisen, dass er die richtige Wahl getroffen hat und zu beeinflussen, dass er seine nächste Wahl wieder beim gleichen Verkäufer trifft.




Der Autohändler, bei dem ich mein letztes Auto gekauft habe, hat mich am nächsten Tag angerufen und gefragt, wie mir die erste Fahrt gefallen habe. Nach etwa 4 Wochen bekam ich einen neuerlichen Anruf, ob ich irgendwelche Fragen oder Wünsche bezüglich des neuen Autos habe. Jeder Service ist perfekt organisiert. Mein Auto wird innen und außen gewaschen, ohne dass ich dafür extra bezahlen muss. Und wenn ich mein Auto vom Service abhole, liegt am Beifahrersitz immer eine Kleinigkeit, z.B. vor dem Sommer ein Erfrischungsgetränk, vor dem Winter ein Lippenbalsam, usw. Mit großer Wahrscheinlichkeit werde ich diesen Autohändler beim Kauf meines nächsten Autos in meine Entscheidung einbeziehen.

Dieser Autohändler legt großen Wert auf Kundenbetreuung und versucht, positiv in Erinnerung zu bleiben. Die meisten Verkäufer und Firmen legen viel Energie und Geld in die Neukundengewinnung, vergessen aber die Betreuung ihrer bestehenden Kunden. Dabei liegt gerade darin das größte Potenzial für Folgegeschäfte. Mit unseren bestehenden Kunden können wir Umsätze und Erträge verdoppeln. Und dies kommt weit billiger als die Neukundengewinnung.

Man kann dies mit der Pflege einer grünen Topfpflanze vergleichen, die regelmäßig gegossen werden muss. Einmal im Jahr bracht sie frischen Humus und gelegentlich muss sie in einen größeren Topf umgepflanzt werden. Wenn man dies nicht tut, wird die Pflanze verwelken. Viele Firmen lassen ihre Kunden verwelken, weil sie keine Maßnahmen zur Kundenpflege und Kundenbetreuung ergreifen. Die Folge davon ist, dass auch der Kunde diese Firma vergisst und bei der Konkurrenz kauft.

Mein Erlebnis mit dem „Vergissmeinnicht“ hat gezeigt, dass Kundenpflege nicht teuer und aufwendig sein muss. In Wirklichkeit kommt es nur darauf an, kreativ zu sein und Ideen zu haben.

„Das Glück liegt in der Aufmerksamkeit in kleinen Dingen.“ (Wilhelm Busch)

Auf die kleinen Aufmerksamkeiten kommt es an. Jemand anderen eine kleine Freude zu bereiten. Unerwartet und spontan. Wer dies tut, stellt fest, dass sich die Betroffenen über solche Gesten besonders freuen. Weil sie unerwartet und überraschend kommen. Und weil die so Bedachten spüren, dass man an sie denkt.

Einmal rief mich ein Kunde an und ersuchte mich, ihn einige Tage später zu einem vereinbarten Termin zu besuchen. Als ich zu ihm kam, hatte er Sekt und ein paar Snacks vorbereitet und eröffnete mir, dass er genau an diesem Tag vor 10 Jahren das erste Geschäft mit mir abgeschlossen hätte. Und er wolle sich für diese Zeit der Zusammenarbeit und für die gute Betreuung bei mir bedanken. So sehr ich mich darüber gefreut habe, so unangenehm war mir diese Situation aber auch. Denn ich dachte mir, dass dies eigentlich meine Aufgabe sei, mich bei meinen Kunden für eine so lange und treue Geschäftsverbindung zu bedanken. Ab diesem Zeitpunkt habe ich dies auch gemacht und es kam äußerst positiv bei meinen Kunden an.

Die Umsetzung der Vergissmeinnicht - Strategie

Das alles ist ja nun nichts wirklich Neues. Warum tun es dann nur wenige? Weil die meisten nicht konsequent daran denken und nicht systematisch umsetzen. Realisieren Sie in Zukunft Ihre „Vergissmeinnicht – Strategie“. Dazu gehört:

1.Arbeiten Sie intensiv mit einer Kundendatei. Für die meisten Verkäufer ist das Führen und Arbeiten mit der Kundendatei eher ein lästige und ungeliebte Arbeit

„Was man aufschreibt, kann man nicht vergessen. Was man vergessen hat, kann man nicht mehr aufschreiben.“ (Quelle unbekannt)

Ich bin oft in Nürnberg und gehe dann meist auch in ein bestimmtes Restaurant zum Abendessen. Einen Tisch bestelle ich schon telefonisch aus Wien. Bei meinem Anruf wird mir das Gefühl vermittelt, dass man sich auf meinen Besuch freut. Gleichzeitig teilt man mir mit, dass mein Lieblingstisch in der Ecke für mich reserviert wird. Dann werde ich informiert, dass eine neue Lieferung meines Lieblingsweines eingetroffen sei und ich werde gefragt, ob eine Flasche davon schon vorher für mich geöffnet werden soll.

Ich gehe immer wieder und gerne in dieses Restaurant. Ohne das Führen einer Kundenkartei ist diese Betreuung nicht möglich.

2.Setzen Sie ein Betreuungskonzept konsequent um. Dies bedeutet nicht nur das Arbeiten mit der Kundendatei, sondern auch die systematische Evidenz in ihrer Terminkartei. Damit können Sie nicht nur anlassbezogen (wenn der Kunde von sich aus Kontakt aufnimmt), sondern auch aktiv die Betreuung steuern.

Bei jedem Kunden ist zu definieren und zu fixieren, wie oft in einem bestimmten Zeitraum, zu welchen genauen Terminen, und zu welchen Anlässen vom Verkäufer aktiv Kontakt zum Kunden aufzunehmen ist.

In den meisten Fällen scheitern Betreuungsaktivitäten bereits an diesen beiden Kriterien. Die Folge davon ist, dass, wenn überhaupt, nur ein kleiner Teil des Kundenstocks betreut wird, und dies eher zufallsbezogen, statt konsequent und systematisch.

3.Definieren Sie Betreuungsanlässe zum Kunden. Dies können für den Kunden wichtige und interessante Anlässe aus der Geschäftsbeziehung heraus sein, sowie unerwartete und überraschende Aktivitäten. 

Meine Sozialversicherung ruft mich jedes Jahr an, um mich an den nächsten Termin zur Vorsorgeuntersuchung zu erinnern und diesen gleich zu vereinbaren.

Mein Autohändler erinnert mich immer an die nächste gesetzlich vorgeschriebene Überprüfung (TÜV).

Meine Bank informiert mich rechtzeitig vor Ablauf von angelegten Geldern und macht mir gleich einen Vorschlag für eine günstige Neuanlage.

Mein Tischler ruft jedes Jahr im Herbst an und fragt, ob etwas zu richten sei, damit er vorbeikommen könne (ohne Kosten für mich).

In einem Hotel in Nürnberg steht bei der Rezeption je nach Jahreszeit immer eine Erfrischung. Im Sommer kühler Orangensaft und Mineralwasser, im Winter alkoholfreier Punsch und Lebkuchen.

In einem Restaurant erhalte ich die Rechnung mit einem Schokoladeherz, auf dem „Danke für Ihren Besuch“ steht.

Das Reisebüro ruft nach Urlaubende an und fragt, ob alles in Ordnung war.

Bei einem Versandhaus ist dem Paket ein Kärtchen mit Name und Foto des „Verpackers“ beigelegt und dem Text: „Ich habe Ihr Paket gemacht, hoffentlich ist es gut bei Ihnen angekommen. Wenn nicht, bitte ich Sie sofort um Ihren Anruf.“

In einem Restaurant wird am Muttertag während des Essens ein Foto der Mutter im Kreise der Familie gemacht und dann zugesandt (als Geschenk des Restaurants).

Sie sehen, es gibt eine Vielzahl an Möglichkeiten, Kunden zu überraschen, sogar zu verblüffen, und derart positiv in Erinnerung zu bleiben. Legen Sie sich Ihre eigene „Vergissmeinnicht – Strategie“ zurecht. Wie schon gesagt, das Neue daran ist die Systematik und Konsequenz des Umsetzens:

- Alle Informationen, die Sie von, bzw. über Kunden haben und erhalten, auf Ihrer Kundendatei aufschreiben.
- Die Kundenkartei vor und bei jedem Kundenkontakt durchsehen.
- Einen jährlichen Betreuungsplan mit konkreten Betreuungsanlässen für jeden Kunden erstellen und die Termine in Ihrer Kundendatei und in Ihrer Terminevidenz festhalten.
- Allgemeine Betreuungsanlässe definieren und in Ihrem Maßnahmenplan terminieren.

Wann beginnen Sie mit der Realisierung Ihrer Vergissmeinnicht – Strategie für Ihre Kunden?





weiterführende Infos / Links :
Literaturempfehlung:

Wolfgang Ronzal:
"Wie Sie Kunden zu Partnern machen"





Kontakt-Informationen:
Ansprechpartner: Wolfgang Ronzal



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Über den Autor

Wolfgang Ronzal
Wolfgang Ronzal sorgt für Motivation und Qualität. Er ist erfolgreicher Trainer und begeistert durch seinen mitreißenden und humorvollen Vortragsstil sein zahlreiches Publikum. Er war über 30 Jahre in leitenden Funktionen im Dienstleistungsbereich tätig, zuletzt Vertriebsdirektor einer Großbank. Seine Spezialität sind Vorträge vor großem Publikum, bei Firmen für deren Mitarbeiter und Kunden.


 


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